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Das Glück der anderen

Nicht der Scirocco und auch nicht der Golf läuteten im VW-Konzern das Zeitalter der wassergekühlten Reihenmotoren ein. Es war der längst vergessene K 70, bei dem VW bis auf das Emblem streng genommen gar nichts entwickelt hat.

Roland Scharf

In der Wirtschaft ist es so wie in der Savanne oder in den Weltmeeren: Die Großen schlucken die Kleinen, der Stärkere gewinnt. Stärke bezieht sich hier vor allem auf die Finanzkraft, jedenfalls nicht auf die Innovationsfreude. Denn diese beiden Elemente kollidierten im Falle des K 70 auf erstaunliche Weise miteinander. Alles begann 1965.

Damals war NSU eine agile Autofirma mit solidem Image. Ihre Autos waren cool und sportlich, der Prinz ein frecher Kleinwagen mit Heckmotor, der Wankel Spyder ein Spyder mit, ja, Wankelmotor. An Ideenreichtum mangelte es den Herren in der Entwicklungsabteilung in Neckarsulm jedenfalls nicht. Und so ging man ans Werk, eine komplett neue Modellfamilie zu konstruieren.

Für den gehobenen Anspruch der Ro 80, mit Rotationskolbenmotor (daher der Name) und schnittigem, zukunftsweisendem Design. Für die konservative Mittelklasse hingegen der K 70, mit Hubkolbenmotor (daher der Name) und einem Design, das, sagen wir, nichts anbrennen lassen wollte. Auch ein Kombi war neben der Limousine geplant, also legte man sich gehörig uns Zeug und stellte erstaunliches auf die Beine. Ein modernes Fahrwerk mit Federbein-Vorderachse und Schräglenker-Hinterachse war auf der Höhe der Zeit, die Vierzylinder mit 75 oder 100 PS galten als sparsam wie durchzugsstark zugleich. Der Grundkofferraum betrug dank der Kastenform auch heute noch beachtliche 585 Liter, und eigentlich sprach nichts gegen eine fulminante Premiere auf dem Genfer Automobilsalon 1969. Außer, dass die Entwicklungskosten für die kleine Marke dann doch etwas zu deftig waren.

NSU hatte massive Zahlungsschwierigkeiten, was durch die zahlreichen Garantiereparaturen beim Ro 80 noch verstärkt wurden. So kam es, wie es kommen musste. Volkswagen, damals mit ihrer luftgekühlten Heckmotorflotte technisch weit im Rückstand, konnte das nötige Kleingeld locker stemmen und schob NSU ihrer Tochtermarke Audi zu. Und der K 70? Den brachte man einfach unter eigener Flagge auf den Markt.

Schließlich war er ja schon fertig entwickelt, sodass man nur mehr Kleinigkeiten abändern musste, um schon einmal einen Fuß in der neuen Fahrzeugwelt zu haben. Der Vorstand wusste nämlich genau: Mit Käfer, Bus, 1600 und 411 war der Konzern nicht mehr lange am Leben zu halten. Bis die neuen Modelle Passat, Golf, Scirocco und Polo aber marktreif waren, vergingen noch mehrere Jahre.

Ohne zu übertreiben kann also gesagt werden, dass der K 70 mit dazu beitrug, dass es VW heute noch gibt. Und dabei haben sie es ihm wahrlich nicht leicht gemacht. Damit der 1600er Variant keine zu große Konkurrenz bekam, kappte man die Kombiversion der K 70 einfach. Dazu stemmten sich viele Händler bewusst gegen diesen Neuling, da die klassische VW-Kundschaft weiterhin lieber zu den Boxer-Modellen griffen. Dazu kamen noch Schwierigkeiten in der Produktion, da der K 70 komplett eigenständige Teile hatte. Und auch die eigentliche Konstruktion des Motors mit unten angeschlagenem Getriebe sorgte für immense Kosten, sodass sich rein finanziell dieses Projekt nie wirklich rentierte. 1975 war dann auch schon wieder Schluss. Doch VW lernte dadurch, wie man mit dem neuen Element Wasser umzugehen hatte. Ja und Audi bekam ein schönes Werk in Neckarsulm.

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