Formel 1: Maria Reyer Kolumne | 13.11.2013
Ein schmerzvoller Abgang
Die Saison 2013 ist Geschichte. Zumindest für Kimi Räikkönen. Was als Liebesheirat im Frühjahr 2012 zwischen dem Finnen und Lotus begann, wurde nun schmerzlich von Seiten des Iceman beendet.
Maria Reyer
Der Geduldsfaden des 34-jährigen Räikkönen war lang. Aber er reichte nicht für die gesamten 19 Rennen dieser Saison. Jetzt ist es aus. Zwei Rennen vor Saisonende steigt der Finne endgültig aus. Dabei fing doch alles so schön an. Mit dem Lotus E21 konnte er gleich beim ersten Rennen im heurigen Jahr in Melbourne einen Überraschungscoup landen.
Danach kam jedoch nicht mehr allzu viel. Sechs zweite, ein dritter Platz. Doch das interessiert einen Räikkönen genauso wenig, wie obligatorische PR-Termine oder nervige Interviewfragen. Sogar der Vizetitel, um den er theoretisch mit Fernando Alonso und Lewis Hamilton gekämpft hat, sei ihm «scheißegal». Dem Iceman glaubt man das sogar.
Nicht ganz so glaubwürdig hingegen sind die immer wieder gleichen Ausreden, mit denen er sich den Medien-Donnerstag an einem Grand-Prix-Wochenende freihielt. Auch beim Großen Preis von Abu Dhabi war Räikkönen spät dran. Sehr spät sogar. Zum ersten freien Training saß er aber pünktlich in seinem schwarz-goldenen Renner – dank den Überredungskünsten von Eric Boullier und Gerard Lopez. Denn das liebe Geld war schuld.
Von Selbigem sah der Iceman bis dato nämlich nichts. Die Rede ist von einem zweistelligen Millionenbetrag, den die Truppe aus Enstone ihrem Fahrer schuldig sei. Räikkönen machte schon Mitte der Saison auf die Zahlungsrückstände von Lotus aufmerksam. Richtig «grantig» wurde er aber, als von Seiten des Teams behauptet wurde, dass schon alles beglichen sei. Räikkönen drohte mit Streik. Ungewöhnlich verärgert zeigte er sich am Freitag in Abu Dhabi. Die Fassade des Iceman schmolz im Orient dahin.
Zu den Ärgernissen mit seinem Team plagten Räikkönen in diesem Jahr immer wieder heftige Rückenschmerzen. Der sonst so coole Finne, zeigte beim Singapur Grand Prix abermals Nerven. Sein Rücken machte ihm derart Probleme, dass Teilnahmen am Qualifying sowie auch am Rennen zunächst fragwürdig erschienen. Doch Räikkönen ist ein Kämpfer. Niedergespritzt fuhr er im Rennen auf Rang drei. Im Konstrukteurs-Kampf war Räikkönen für Lotus unverzichtbar, denn er war der Punktehamster im Team.
Erst in der zweiten Saisonhälfte konnte Teamkollege Romain Grosjean sein Talent zeigen – zuletzt mit drei dritten Plätzen hintereinander. Und trotzdem ist es Räikkönen, der die Fahne für Lotus zwei Jahre lang hochhielt. Sponsoren sahen in dem außergewöhnlichen Finnen PR-Potenzial. Sogar Renault, die mit Red Bull und Vettel viermal in Folge Weltmeister wurden, verpflichten Räikkönen für ihren neuesten Werbespot. Lotus verstand es die negativen Seiten des Kimi Räikkönen positiv zu promoten.
Am Ende hilft das ganze Schönreden aber nichts. Räikkönen wurde von Lotus vergrault. Die Teamführung erwies in letzter Zeit kein besonderes Feingefühl im Umgang mit ihrem Starpiloten. Widersprüchliche Aussagen, komische Abschiedsgrüße Richtung Maranello und ein Eric Boullier, der sich um Kopf und Kragen redet, wenn es um das Thema Gehalt geht.
Nun muss der Franzose auch noch einen Ersatzpiloten für die letzten beiden Rennen finden. Denn Räikkönen lässt sich noch am Donnerstag dieser Woche in Salzburg am Rücken operieren. Laut Presse-Aussendung des Räikkönen-Managements ließe sich die Operation, die eigentlich nach Beendigung der Saison angesetzt war, nicht mehr weiter verschieben. Zuletzt hätte Kimi nicht einmal mehr schlafen können ohne Schmerzmittel zu nehmen.
Pikantes Detail am Rande: Räikkönen war vorigen Donnerstag zu Besuch in Maranello, dem Hauptsitz der Scuderia Ferrari. Einstandsbesuch bei seinem neuen, alten Team. Sein Sitz für die kommende Saison wurde angegossen. Der verlorene Sohn hielt ein Pläuschchen mit alten Bekannten und begann somit schon die Vorbereitung für die kommende Saison. Dabei waren bestimmt auch seine Rückenprobleme ein Thema.
Der Operationstermin ist nicht nur in Räikkönens sondern auch in Ferraris Interesse klug gewählt. Denn ist Kimi früher fit, kann er früher mit der Scuderia für 2014 arbeiten. Und Lotus? Nach dem Motto «wie du mir, so ich dir» zeigt der Iceman den Schwarz-Goldenen seine kalte Schulter.
Maria Reyer ist eine 19-jährige, motorsportbegeisterte Steirerin. Sie studiert Journalismus in Wien und betreibt ihren eigenen Blog "Marie’s kleine Welt".